Ratsfrau Bärbel Sauer ( Soziale Liste Bocholt) hatte es in der Ratssitzung am 19. Dezember vehement abgelehnt, einer Ärztin aus Magdeburg, die sich in Barlo niederlassen will, die stattliche Summe von Dreißigtausend Euro aus dem Stadtsäckel zu schenken. Rechtzeitig vor der Ratssitzung hatte die Kommunalpolitikerin dazu beim Bürgermeisterbüro einen Änderungsantrag eingereicht. Darin hatte sie beantragt, dass der Medizinerin das Geld allenfalls als Darlehen gewährt werden soll. Als Begründung führt die Kommunalpolitikerin unter anderem an, dass dies gegenüber allen anderen Berufsgruppen, Selbständigen und Arbeitnehmern eine Ungleichbehandlung darstelle und nicht die Stadt Bocholt, sondern andere Stellen dafür zuständig seien. Außerdem sei nicht einzusehen, warum für eine ohnehin privilegierte Berufsgruppe zusätzlich noch Steuergelder der Bürger ausgegeben werden sollen. Während die Bürger und Patienten auf der anderen Seite immer mehr zur Ader lassen müssen durch hohe Krankenkassenbeiträge sowie Medikamentenzuzahlungen und bisherige „Eintrittsgebühren“ für Arztbesuche. Doch Bürgermeister Peter Nebelo hatte ihren Änderungsantrag nicht zur Abstimmung gestellt. Stattdessen ließ er die Ratsmitglieder nur über den Ursprungsantrag abstimmen und ging dann zum nächsten Tagesordnungspunkt über.
Nach § 10 (1) der Geschäftsordnung für die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Bocholt wäre Nebelo jedoch verpflichtet gewesen, die Ratsmitglieder über Sauers Änderungsantrag abstimmen zu lassen. Die Geschäftsordnung, aber auch die Gemeindeordnung NRW, sieht nämlich vor, dass über jeden Antrag gesondert abgestimmt werden muss. Und bei mehreren Anträgen, die den gleichen Gegenstand betreffen, zunächst über den weittestgehenden Antrag abzustimmen ist.
In einem Schreiben hat Sauer heute Nebelo dazu aufgefordert, ihren Änderungsantrag in der nächsten Ratssitzung am 13. Februar einzubringen und die Ratsmitglieder über den Antrag abstimmen zu lassen. Zudem moniert die Ratsfrau, dass Nebelo es bei der Ratssitzung im Dezember einfach unterlassen habe, ihren Änderungsantrag den Ratsmitgliedern als Tischvorlage vorzulegen. Ratsunterlagen der Verwaltung seien den Ratsmitgliedern hingegen nachträglich überreicht worden.
Vor zwei Jahren hatte Nebelo Sauers Recht, Änderungsanträge zu stellen, verwehrt. Erst nachdem sie sich an die Kommunalaufsicht wandte, ruderte Nebelo wieder zurück. Auch diesmal hat Sauer die Kommunalaufsicht eingeschaltet. Ob der Verein „Pro Barlo“, über den das „Geldgeschenk“ abgewickelt werden soll und der damit die ärztliche Grundversorgung sicherstellen will, die Dreißigtausend Euro bereits erhalten hat, ist Sauer nicht bekannt.