Mit Blick auf die geplante Unterkunft für Geflüchtete „Auf dem Takenkamp“ und der weiteren geplanten Standorte hat die Soziale Liste Bocholt eine umfangreiche Ratsanfrage gestartet. Diese wurde nun in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 16. August von Bürgermeister Thomas Kerkhoff beantwortet.
Einige der Themen davon waren in den letzten Wochen immer wieder Gegenstand des Bürgerbegehrens. Bärbel Sauer, Stadtverordnete für die Soziale Liste Bocholt, hat einige Antworten hinterfragt, besonders zum Thema „sozialer Wohnungsbau“ und „bezahlbarer Wohnraum.“ Nach unserer Auffassung wird seitens der Stadtpolitik und der Stadt Bocholt in diesem Bereich viel zu wenig getan und sich all’ zu schnell hinter den privaten Wohnungsbaugesellschaften versteckt.
Auch wenn die Stadt Bocholt es anders beurteilt und sich dabei hinter einer von ihr im Auftrag gegebenen Studie „Zukunftsprognose der InWIS Forschung“ verschanzt, haben wir eindeutig zu wenig Wohnungen und eine starke Nachfrage nach bezahlbaren Wohnraum. Diese Beraterfirma sieht lediglich einen Bedarf von 100 Wohnungen für den Zeitraum 2021 bis 2035 vor. Dies stimmt keinesfalls mit den vielen Anfragen an uns und mit unserer Internet-Befragung überein. Deswegen halten wir die Gründung einer Städtischen Wohnungsbaugesellschaft für ein gutes Instrument, um schnell und regulierend die Bedarfe zu organisieren. Einen Antrag dazu von uns haben die Ratsfraktionen und der Bürgermeister im letzten Jahr abgelehnt. Bei dem Thema bleiben wir aber weiterhin dran.
Die Fragen und Antworten sind nachfolgend aufgeführt:
AF (34/2023) der Sozialen Liste – Unterbringung von Geflüchteten in Bocholt – Antworten
Anmerkung zu unserer Ratsanfrage: Für März 2024 sind „Auf dem Takenkamp“ 250 Geflüchtete eingeplant. Für weitere 620 Geflüchtete werden in Bocholt zurzeit weitere Unterkünfte geplant.
1. Woher hat die Verwaltung die Zahlen?
Antwort: Die Zahlen stammen von der Internetseite der Bezirksregierung Arnsberg. Dort findet sich die Verteilstatistik über die Zuweisung nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz: https://www.bra.nrw.de/integration-migration/fluechtlinge-nrw/informationen-fuer- kommunen/zuweisung-nach-dem-fluechtlingsaufnahmegesetz
Auf der Internetseite findet sich ebenfalls die Verteilstatistik über die Zuweisung von anerkannten Flüchtlingen (Wohnsitzauflage): https://www.bra.nrw.de/integration-migration/fluechtlinge-nrw/informationen-fuer- kommunen/zuweisung-von-anerkannten-fluechtlingen-wohnsitzauflage
2. Wie viel Geflüchtete befinden sich aktuell in Bocholt?
Antwort: Laut der Ausländerbehörde leben (Stand: 09.08.2023) zurzeit 676 Kriegsgeflüchtete aus der Ukraine, 141 Personen im laufenden Asylverfahren und 110 Personen mit Duldung in Bocholt (= 927).
Anerkannte Flüchtlinge, subsidiär Schutzberechtigte oder Personen mit Abschiebehindernissen sind in diesen Zahlen nicht erfasst. Denn aufgrund ihrer guten Bleibeperspektive werden diese Personen nicht als Geflüchtete im Sinne der Anfrage (Geflüchtete ist keine Legaldefinition) gesehen.
3. Wie viel Geflüchtete befinden sich in wie vielen angemieteten Wohnungen?
Antwort: Es befinden sich aktuell 641 Geflüchtete in 174 angemieteten Wohnungen.
4. Wie viele Geflüchtete befinden sich in welcher Größenordnung / Anzahl in Einrichtungen der Stadt Bocholt?
Antwort: Mit dem Stand 15.07.2023 (Erhebungszeitpunkt Dashboard) lebten 110 Geflüchtete Menschen in den beiden Erstaufnahmeeinrichtungen (ehemals Yupidu und Gelände des SC 26 Bocholt).
5. Wie viele Geflüchtete befinden sich in wie vielen Wohn- Containern?
Antwort: Auf dem Gelände des SC 26 befinden sich 12 mobile Raumeinheiten (Container) für Einzelpersonen, die mit max. 4 Personen pro Container belegt werden können (WC extra). Diese sind aktuell noch nicht belegt. Dann haben wir noch mobile Raumeinheiten für Familien. Das sind 3 Wohncontainer, bestehend aus Doppelcontainern. In diesen mobilen Raumeinheiten wohnen aktuell 12 Geflüchtete.
6. Gibt es weitere Unterkünfte, die hier nicht aufgeführt sind? Wenn ja, welche?
Antwort: Entsprechend dem Betreuungskonzept erfolgt die Unterbringung in drei Wohnstufen. Dies sind das betreute Erstwohnen, das betreute Außenwohnen und das verfestigte Wohnen. Weitere Unterkünfte / Wohnstufen gibt es nicht.
7. Warum werden nicht vorrangig Objekte für die Unterbringung von Geflüchteten angemietet oder gekauft, statt sie in Wohn-Containern unterzubringen?
Antwort: Entsprechend dem Betreuungskonzept erfolgt die Unterbringung in drei Wohnstufen. Dies sind das betreute Erstwohnen, das betreute Außenwohnen und das verfestigte Wohnen. Eine vorrangige Unterbringung in WohnContainern findet nicht statt.
8. Wie ist der Leerstand von Wohnungen und Gebäuden, ob privat oder städtisch, in denen Geflüchtete untergebracht werden könnten?
Antwort: Der Leerstand in den Erstunterkünften, die für die Unterbringung von Geflüchteten vorgesehen sind, variiert stark und hängt wesentlich von der Zuweisung durch die Bezirksregierung und den unterschiedlichen Verweildauern in der ersten Wohnstufe ab. Aufgrund der kurzen Zeitspanne zwischen der Ankündigung und der tatsächlichen Zuweisung wird versucht einen gewissen Puffer an Plätzen in den Erstunterkünften zu bilden. Dadurch soll die Handlungsfähigkeit der Stadt Bocholt sichergestellt werden. In den weiteren Wohnstufen ist kein signifikanter Leerstand zu verzeichnen.
9. Gedenkt die Verwaltung für die Unterbringung von Geflüchteten feste Unterkünfte zu errichten, die jetzt oder später als sozialer Wohnungsbau genutzt werden können? Wenn nein, was spricht dagegen?
Antwort: Die Verwaltung stellt bereits diverse feste Unterkünfte zur Verfügung. Deren spätere Nutzung hängt dabei von unterschiedlichen Faktoren ab. Konzeptionen für weitere Unterkünfte befinden sich derzeit noch in der Planungsphase.
10. Was hält die Verwaltung davon, alle Beteiligten – die für die Geflüchteten zuständig sind und/oder sich dafür engagieren – zusammenzubringen, damit sie ihre Arbeit und Erfahrungen mit Geflüchteten öffentlich vorstellen und die Bürgerinnen und Bürger so dann einen Einblick erhalten?
Antwort: Dies ist sowohl für den Standort „Am Takenkamp“ als auch für den Standort auf dem Gelände des SC 26 Bocholt in der Form von „Bürgerversammlungen“ zum Großteil geschehen. Die Verwaltung hat ein sehr hohes Interesse Transparenz zu schaffen und Engagierte als auch Bürgerinnen und Bürger bestmöglich zu informieren.
Auch zukünftig sind weitere Austauschrunden mit den Beteiligten geplant. Zudem gibt es, losgelöst von den beiden genannten Standorten, weitere Arbeitsgruppen mit verschiedenen Akteuren.
Anmerkung zu unserer Ratsanfrage: Die Integration ist der Schlüssel zum Erfolg. Dazu gehört beispielsweise eine Willkommenskultur, ausreichende Angebote in jeglicher Hinsicht und aufeinander zugehen.
11. Wie findet Integrationsarbeit an den größeren Standorten und in den dezentralen Unterbringungseinrichtungen statt?
Antwort: Die Integrationsarbeit erfolgt auf der Grundlage des Betreuungskonzepts, welches sich an den unterschiedlichen Wohnstufen orientiert.
12. Welche Erfahrungen gibt es seitens der Betroffenen, fühlen sie sich integriert?
Antwort: Mit Blick auf die unter Punkt 2 genannten Zahlen ist es naheliegend, dass es vielfältige Erfahrungen und Gefühlslagen geben wird. Die Stadt Bocholt unternimmt alles, damit die Unterbringung und Integration bestmöglich gestaltet wird.
13. Was wird seitens der Stadt unternommen, um Integration zu befördern?
Antwort: Im Bereich der Erstunterkünfte und des dezentralen Wohnens ist die integrative und organisatorische Arbeit mit geflüchteten Menschen ein Schwerpunkt. Eine Vernetzung der Sozialbetreuung mit den Netzwerkpartnern (Quartiersarbeit, Arbeitskreis Asyl, Integrationsrat, …) ist in den Wohnstufen konzeptionell vorgesehen und geregelt. Das Leitbild der Stadt Bocholt „Starkes Miteinander – Starke Stadt“ gibt für die erfolgreich Integrationsarbeit Orientierung.
Anmerkung zu unserer Ratsanfrage: Unabhängig von den Fragen 1 – 13 stellt sich die Frage, wie sieht es zurzeit auf dem Wohnungsmarkt aus, da die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum immens angestiegen ist.
14. Wie viele geförderte Wohnungen mit Sozialbindungen gibt es aktuell in Bocholt?
Antwort: Laut InWIS seien derzeit 330 öffentlich geförderte Wohnungen durch den Einsatz kommunaler Instrumente gesichert. Die Fertigstellung soll bis 2035 erfolgen.Die Verwaltung verweist auf die Präsentation von Frau Regina Höbel der InWIS Forschung & Beratung des Ausschusses für Planung, Bau und Verkehr vom 21.09.2022.
Offizielle Zahlen liefert hier der Bericht zum preisgebundenen Wohnungsbestand:
https://www.nrwbank.de/de/die-nrw- bank/research/preisgebundenerwohnungsbestand/
15. Wie ist aktuell der Bedarf?
Antwort: Die Suche nach bezahlbaren Wohnraum gestaltet sich derzeit nicht nur in Ballungsgebieten als schwierig. Konkrete Zahlen liegen der Stadt Bocholt jedoch nicht vor.
Die Zukunftsprognose der InWIS Forschung & Beratung sieht einen Bedarf von rund 100 Wohnungen für den Zeitraum 2021 bis 2035 vor. Auch hier verweist die Verwaltung auf die Präsentation der Sitzung des Ausschusses für Planung, Bau und Verkehr vom 21.09.2022.
16. Mit welchen konkreten Maßnahmen trägt die Stadt Bocholt zur Verbesserung der Wohnungssituation bei?
Antwort: Die Stadt Bocholt betreibt kommunale Grundstückspolitik indem sie baureife Flächen bereitstellt und Bodenmanagement betreibt. Weiterhin schafft sie Anreize für Investoren durch Kaufpreisvergünstigungen für Flächen des geförderten Wohnungsbaus.
Anhand einer mittelbaren Belegung und Anmietung von Wohnraum unterstützt die Stadt Bocholt die Nutzung des Wohnungsbestandes. Für die effektive Umsetzung der Vorhaben bestehen Kooperationen der Stadt Bocholt mit Wohnungsunternehmen.
Die Stadt Bocholt verweist zudem auf die Präsentation der InWIS aus dem Ausschuss für Planung, Bau und Verkehr vom 21.09.2022.
Hier unsere Ratsanfrage zum herunterladen und ausdrucken – einfach anklicken!
Hier die Antworten der Stadt Bocholt dazu – einfach anklicken!